093. Steinige Wege (1/2)

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Steinige Wege

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Entgegen Hermiones Hoffnung, und trotz Harrys Wutausbruchs, machte Dippets kleine Einführungsstunde bereits nach kürzester Zeit die Runde im Schloss und war somit Gesprächs- und Lästerthema Nr. 1. Vorzugsweise die männlichen Schüler amüsierten sich köstlich über diesen gelungenen Streich.

Allerdings gab es auch reichlich Mädchen, die es mit einem selbstzufriedenen, höhnischen Grinsen aufnahmen und abfällig tuschelten.

Hermione vermutete, dass diese Mädchen in den vergangenen Jahren wohl das eine oder andere Mal das Bett oder Ähnliches mit Draco geteilt hatten. Wahrscheinlich hatten sie sich dann mehr ausgemalt und erhofft, was einfach nur idiotisch, furchtbar naiv und allen voran dumm war.

Diese blöden Hühner hätten sich doch an einem Finger abzählen können, – das setzte natürlich Hirn voraus – dass sie sich gewaltig die Finger an dem Blonden verbrannten, wenn sie sich auf ihn einließen. Aber Dummheit musste bekanntlich bestraft werden. Immerhin sprachen sie hier von Draco Malfoy! Macho ersten Grades und auch sonst ein eingebildeter, selbstverliebter, arroganter Arsch. So zumindest ihre Sichtweise auf ihn, während der letzten Jahre.

Inzwischen lagen die Dinge jedoch anders. Sie hatten sich verlagert. Und zwar ins genaue Gegenteil. Draco war nicht länger jemand, dessen Gunst oder gar Aufmerksamkeit es zu wecken galt. Stattdessen straften ihre Mitschüler ihn mit Verachtung, Abneigung, Hohn, Spott und noch sehr viel mehr, was früher ausschließlich von ihm gekommen war.

Es waren alles Dinge, die sie selbst über die Jahre durch ihn schlucken musste. Genauso Harry. Umso größer war und blieb das Unverständnis der übrigen, dass ausgerechnet sie nun zu ihm hielt und freundschaftlich mit ihm umging, gleich so, als wäre es nie anders gewesen.

Dass es nicht leicht werden würde, die Schüler davon zu überzeugen, dass das alte Ekel nicht mehr existierte, war ihr von Anfang an bewusst. Allerdings hatte sie ein wenig darauf gesetzt, dass ihre Meinung und ihr Urteilsvermögen stärker zu einer positiven Bilanz beitrug. Nur wollte diese Rechnung nicht so richtig aufgehen.

Zwar gab es neben Ginny und Luna dennoch eine Handvoll Personen, die neutral an die Sache herangingen. Zum Beispiel Ernie, der sich recht politisch aus allem raus hielt. Aus Sticheleien und Anfeindungen, aber auch ihrem Zuspruch.

Wer Hermione aufs Neue angenehm überraschte, war Sally Roper. Ihre Mitschülerin erkundigte sich gleich am nächsten Tag nach Verwandlung vorsichtig bei ihr, wie es Draco ging. Dabei huschte ihr Blick verstohlen zu den Jungs, die noch kurz quatschten, ehe Blaise in seine Freistunde verschwand, während Draco und Charlie auf sie warteten, um zu Arithmantik zu gehen. Als Hermione Sally ermutigte, ihn selbst zu fragen, schüttelte sie nervös mit dem Kopf und eilte davon.

Sehr verdächtig, dachte Hermione grinsend, bevor sie die Erleichterung umfing, da doch nicht alle gegen den Blonden waren. Allerdings war Sallys indirekter Zuspruch nicht mehr, als ein Tropfen auf dem heißen Stein, was sich von Stunde zu Stunde, auf den Gängen, in der Halle und auch der Bibliothek, immer stärker herauskristallisierte.

Überall wo Draco sich aufhielt, wo auch immer er vorbei kam, wurde es zunehmend zum Spießrutenlauf. Dementsprechend bescheiden war seine Laune, was irgendwo auch an ihren Nerven zehrte. Zwar sagte er nichts, nur kannte sie ihn inzwischen gut genug, um zu wissen, dass es unter der so emotionslosen Maske, die er einmal mehr zur Schau trug, gefährlich brodelte und kochte.

Der erste Ausbruch ließ nicht mehr sonderlich lange auf sich warten und kam noch vor ihrer zweiten Doppelstunde in Verteidigung gegen die dunklen Künste. Draco verkrümelte sich noch während des Mittagessens aus der Halle, da ihm die Blicke, das Getuschel und auch sonst alles, auf den Zeiger gingen.

Was im Verborgenen liegt (1/?)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt