050. Kalte Wahrheiten

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Kalte Wahrheiten

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Als sie aufblickte, fand Hermione sich in einem mit Fackeln beleuchteten, dunklen Raum mit Steinwänden wieder. Im Zentrum des düsteren Gemäuers stand ein einzelner Stuhl, der in einem halbrunden, ansteigenden Kreis von vielen Bänken umgeben war.

Hermione brauchte nur einen Augenblick, um zu begreifen, was es war, was sie sah. Wo sie war. Sie befand sich in einem der Gerichtsräume, des Wizengamots, in einer der obersten Ränge. Mit bei ihr waren einige Mitglieder des Gremiums, die sie allerdings nicht kannte. Außer einer. Umbridge!

Die alte Hexe lächelte zufrieden, was den tiefen Wunsch in Hermione weckte, ihr dieses zuckersüße Lächeln mit aller Gewalt aus dem speckigen Gesicht zu fluchen, oder noch besser, zu prügeln! Dass die nach allem, was sie Harry und sonst ihren Freunden, aber auch den ganzen Mugglestämmigen, angetan hatte, noch frei herumlief, war ihr schier unbegreiflich.

Schließlich erhoben sich die Mitglieder des Gremiums, als die Tür ihnen gegenüber geöffnet wurde. Hermiones Kopf flog daraufhin panisch in die entsprechende Richtung. Dort standen, im vollen Licht der Öffnung, drei Gestalten. Zwei von ihnen waren hochgewachsene, bullige Auroren, die in ihrer Mitte die dritte kleinere, zerbrechlich wirkende Erscheinung gewaltsam an den Oberarmen aufrecht hielten. Ihren Gefangenen.

Die unglückliche Seele steckte in einer einfachen, beigen Leinenhose samt dazugehörigem Hemd, welches an mehreren dutzend Stellen blutig feucht schimmerte. Die nackten Füße waren schmutzig und teils blutig. Um die Gelenke lagen schwere Eisenschellen, die an einer massiven Kette zusammenhingen. Die Hände des Verurteilten hatte man hinter dessen Rücken zusammengebunden. Das aber so brachial, dass die Fesseln ihm die Handgelenke wund scheuerten, denn an dem rauen Seil klebte frisches Blut. Über den Kopf hatte man dem Delinquenten einen schwarzen Leinensack gestülpt, damit niemand sah, um wen es sich handelte. Das musste Hermione auch nicht, um es nur zu bitter zu wissen.

„Malfoy", flüsterte sie zittrig, als ihn die beiden Auroren gewaltsam zu dem Stuhl in der Mitte zerrten und letztlich darauf platzierten. Sie lösten seine Fesseln um die Handgelenke, allerdings nur, damit sich die magischen Ketten des Stuhls darum legen konnten. Kaum dass er gefesselt da saß, zogen sie ihm den Sack vom Kopf, sodass sie ihn deutlich erkannte.

Was sie sah, ließ sie noch blasser werden. Ihre bleich gewordenen Lippen zitterten gefährlich, über die sie fassungslos die Hand legte. Er sah schrecklich aus.

Er atmete furchtbar schwer und war zudem vollkommen fahl im Gesicht, welches über und über mit altem, sowie frischem Blut versehen war. Er hatte Unmengen von Kratzer, kleine Schnittwunden aber auch Verbrennungen. An der linken Stirnseite klaffte eine dicke Platzwunde, die noch immer feucht schimmerte, genauso wie ihm die rissig, bleiche Unterlippe aufgesprungen war. Neben dem Schmutz und Blut stand ihm zusätzlich der kalte Schweiß auf dem Gesicht. Die sonst so hellen und gepflegten Haare hingen ihm schmutzig, strähnig vom Kopf herab und fielen ihm teils in die Augen. Diese waren nicht nur leer, sondern ausgezehrt, schmerzzerfressen, hoffnungslos, ja schon irgendwo leblos.

„Nein", flüsterte sie und spürte, wie sich ihr Innerstes gefährlich zuschnürte. Sie wollte zu ihm, um ihm zu helfen, nur kam sie nicht von der Stelle. Irgendetwas hielt sie an ihrem Platz fest, von wo sie dem Geschehen hilflos folgte. Unfähig in das Schauspiel einzugreifen.

„Draco Lucius Malfoy..."  , begann einer aus dem Gremium, sodass sie sich von seiner geschundenen Gestalt, diesen fürchterlich trüben Augen, losriss und zu dem Sprecher sah. Dieser hielt ein offenes Buch in den Händen, aus dem er vorlas.

Was im Verborgenen liegt (1/?)Where stories live. Discover now