131. Einsamkeit (2/2)

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„Oh Mionchen, du siehst immer noch so blass aus", bemerkte sie sorgenvoll und strich der Älteren über die Wange. Diese lächelte schwach.

„Schlecht geschlafen", meinte sie knapp, worauf Ginny nickte und sie zum Tisch zog. Kaum dass Hermione saß, schenkte sie ihr Tee ein.

„Hast du nochmal mit Draco gesprochen?", fragte sie behutsam, als Hermione an ihrem Tee nippte. Kurz darauf stellte sie ihn wieder weg und schüttelte mit dem Kopf.

„Er kam nicht. Er ist bei Blaise und Charlie in den Kerkern geblieben", erklärte sie gedrückt, sodass Ginny ein stilles „Oh" des Bedauerns entwich, bevor sie Hermione tröstend über den Rücken rieb.

„Er braucht im Moment sicher nur etwas Abstand. Lass ihm den, und nimm dir das nicht so an", meinte sie, worauf Hermione zwar nickte, Ginny dann aber verunsichert ansah.

„Hast du trotzdem vielleicht noch eine Idee, wie ich mit ihm... Was ich ihm sagen könnte? Wie ich das wieder halbwegs ... na ja, hinbekomme?" Hermione wusste nicht, wie sie es anders ausdrücken sollte. Und wie befürchtet, schüttelte Ginny entschuldigend mit dem Kopf.

„Nicht wirklich. Tut mir leid, Süße. Wir müssen einfach sehen, wie er drauf ist. Also... Na ja, du hast doch gesagt, dass er dir weiter ein Freund sein will und -" „Kann man das nach so etwas überhaupt noch?", unterbrach Hermione sie bitter, sodass Ginny sich auf die Zunge biss, letztlich aber nickte.

„Ganz bestimmt. Am Anfang wird es vielleicht etwas holprig sein und so. Aber ich bin mir sicher, dass das mit der Zeit wieder wird. Lass den Kopf nicht hängen. Ich mein... Sieh mal, ihr habt euch in der relativ kurzen Zeit so sehr zusammengerauft und so viel füreinander getan und... Draco wird das alles sicher nicht wegschmeißen. Er wird jetzt nur etwas Zeit brauchen, um sich ... na ja ... umzustellen", meinte Ginny, worauf die Brünette knapp nickte. Am Ende nahm sie die Karte der Marauder zur Hand und hielt nach den Jungs Ausschau. Ginny linste ihr dabei über die Schulter. So dauerte es nicht lange, bis sie die drei entdeckten, die inzwischen auch auf den Beinen waren, sich allerdings nicht zur Großen Halle begaben, sondern in die Küche.

„Was wollen sie denn da?", murmelte Ginny verwundert, während Hermione traurig seufzte.

„Vermutlich alleine frühstücken." Damit faltete sie die Karte zusammen und löste den Zauber, bevor sie sich resigniert in ihrem Stuhl zurücklehnte und mit betrübten Augen einen Punkt an der Wand fixierte. Ginny musterte sie mitleidig und rieb ihrer Freundin erneut tröstend über den Rücken.

„Das wird schon wieder. Wie gesagt, lass ihm ein bisschen Zeit", meinte sie nochmal, was leichter gesagt war, als getan. Und das zeigte sich auch im Laufe des Tages, als die zwei in ihren jeweiligen Kursen zwangsläufig aufeinandertrafen.

Hermione fiel die Veränderung, die mit Draco vonstattengegangen war, sofort auf, als sie zu ihrer ersten Unterrichtsstunde zu Flitwick verschwanden. Nicht nur, dass Draco mit Blaise und Charlie bereits im Zimmer war, als der Rest vom Frühstück eintrudelte. Nein. Die beiden hatten ihren Freund in die Mitte genommen, der zudem wieder dieses vollkommen ausdruckslose Gesicht aufgelegt hatte. Diese kalte, steinerne Maske, die er all die Jahre stets getragen hatte. Eine Maske, die es jedem, wirklich jedem, absolut unmöglich machte, auch nur den Hauch einer Emotion in seinen Zügen zu erkennen. Seine grauen Augen, die sie in letzter Zeit immer häufiger hatte lachen und leuchten sehen, die lebendig waren, waren nun wieder so fahl, stumpf und scheinbar leblos, wie früher.

Der liebevolle Mensch, den sie irgendwann hinter all den Facetten und der reservierten Maske entdeckt hatte, schien wieder ganz hinter der starren Maske verschwunden zu sein. Und das versetzte ihr noch zusätzlich einen mörderischen Stich ins Innerste, denn es war ihre Schuld. Sie hatte ihm die Hand gereicht und damit offensichtlich versteckte Hoffnungen geweckt und bekräftigt, um ihn dann nicht einfach nur loszulassen, sondern zurück ins Dunkel zu stoßen.

Was im Verborgenen liegt (1/?)Where stories live. Discover now