105. Gedankenspiele (1/2)

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Gedankenspiele

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528'934 dicke Backsteine. Seine feucht-kalte, kleine 3x3 Meter messende Zelle bestand aus genau 528'934 schmierigen Backsteinen, die ihn, neben den tosenden Wassermassen der Gefängnisinsel, zusätzlich von der Außenwelt und damit der Freiheit abschnitten. Er hatte sie dutzende Male gezählt, um sich abzulenken und nicht dem Wahnsinn zu verfallen, denn darauf legten die Wärter es in ihrem Treiben zweifellos an.

Zwar hatte die Regelmäßigkeit ihrer Besuche abgenommen, nur machte es seine verfluchte Situation nicht besser. Er war im Begriff, bei lebendigem Leib zu verrotten. Seine früher so erhabene und ansehnliche Erscheinung, war inzwischen der eines verwahrlosten Mittvierzigers gewichen, der scheinbar schon seit Jahrzehnten in diesem Loch hockte und nicht erst seit wenigen Monaten.

Wie viele es wohl waren?, sinnierte er. Vielmehr fragte er sich, wie viele es noch werden würden. Er wusste was das Schicksal für ihn bereithielt. Eines, das bis jetzt noch nicht zugeschlagen hatte. Zuschlagen würde es aber, dessen war er sich sicher. Und das nur wegen ein paar dummer, aufmüpfiger Kinder, die ihm in den vergangenen Jahren ständig auf der Nase herumgetanzt waren.

Neben Potter war das verfluchte Schlammblut das größte Ärger- und Hindernis gewesen. Von ihr war letztlich eine noch größere Gefahr ausgegangen, als von Potter. Es war eine vollkommen Unvorhergesehene, Heimtückische. Sie hatte ihn verdorben. Irgendwie.

Der kleine Bastard hatte über die Jahre in ihren Reihen wertvolles Wissen aufgenommen und Fähigkeiten gesammelt, mit denen er am Ende zum Feind übergewechselt war. Es war Hochverrat an allem, was Ihre Werte ausmachte!

Als Lucius daran dachte, kochte wie so oft die Wut in ihm hoch. Hass. Von Zorn umnebelt, schlug er mit der knochigen Faust gegen die schmierig, kalte Steinwand, sodass die Ketten rasselten, an denen er zusätzlich festgemacht war.

Es war ihm nach wie vor unbegreiflich, wie es dazu hatte kommen können. Er hatte alles, wirklich alles daran gesetzt, dem Verräter jegliches Mitgefühl, Zuneigung oder gar so etwas dummes wie Liebe auszutreiben und dennoch...

Er war einfach nicht hart genug gewesen. Er hätte noch strenger durchgreifen müssen. Er hätte ihm gänzlich den Umgang mit Zabini und Harper verbieten müssen. Die beiden waren am Ende ein Paradebeispiel für blutigen Verrat.

Wahrscheinlich hatten sie seinen Verstand über die Jahre mit ihren dummen Gedanken und Ideen vergiftet. Ganz besonders Zabini. Genauso dieses verlogene Weibsstück, das sich all die Zeit seine Frau geschimpft hatte.

Er hatte ihr viel zu viele Freiheiten und Einfluss in Bezug auf ihren Sohn gelassen. Vermutlich war dieses Gift der Verweichlichung durch sie noch auf eine andere Art und Weise in ihm zum Keimen gekommen. Mitgefühl.

Bah!

So war ihm jetzt hier der Gedanke daran, dass seiner verkommenen Brut sein Verrat auch nichts genutzt hatte, eine kleine Genugtuung. Die Tatsache, dass die Auroren ihn ebenfalls mitgenommen und weggesperrt hatten, wie sie alle. Und so wie er das zu den Urteilsverkündungen mitbekommen hatte, würde auch er viele Jahre in Azkaban zubringen, wenngleich ihm der Kuss der Dementoren wohl leider erspart blieb. Allerdings war eine jahrelange Haft, unter derartigen Bedingungen, kaum das bessere Schicksal, wie der Kuss. Wahrscheinlich würde er das nicht lange überleben, was ihm Recht geschähe.

Das hatte er letztlich von seinem Verrat. Er war ebenso ein Gefangener und Verurteilter. Egal wie sehr er sich dagegen gesträubt und gewehrt hatte, er war genauso Träger des dunklen Mals und gehörte damit unwiderruflich zu ihnen. Er würde in diesen Mauern elendiglich zugrunde gehen, sodass sie am Ende dennoch das gleiche Schicksal teilten.

Was im Verborgenen liegt (1/?)Where stories live. Discover now