078. Trauma, Sehnsucht und ein Kuss (2/2)

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Wie lange sie schluchzend auf der Couch lag, wusste sie beim besten Willen nicht mehr. Vermutlich ein paar Stunden, denn ihre Augen brannten wie Feuer, die in einer sinnlosen Leere ins Nichts starrten. Hinter dieser Leere hauste jedoch der Schrecken. Nur ab und an gelang es ihr, einen flüchtigen Moment zu erhaschen, der das Ende ihrer Tortur darstellte. Der kurze Augenblick, als sie nicht allein war.

Irgendwann rappelte sie sich zitternd auf. Sie fror erbärmlich und stolperte mehr vor sich hin, als das sie wirklich lief. Dabei trugen ihre Füße sie mehr schlecht als recht aus dem Wohnzimmer, die Treppen hinauf in den ersten Stock ins Bad. Kaum in diesem streifte sie ihr Kleid, wie auch den Rest ihrer Wäsche ab und verschwand unter der Dusche.

Sie ließ das heiße Wasser eine halbe Ewigkeit einfach nur auf ihren Körper prasseln, der trotzdem nicht aufhören wollte zu zittern, obwohl ihre Haut bereits krebsrot schimmerte. Mit der Zeit begann sie sich noch zusätzlich mit einem Schwamm zu schrubben. Mehr und mehr. Es war wie ein Zwang, den Schmutz abzuwaschen. Dieses widerliche Gefühl.

Tief in ihrem Innern wusste sie nur zu gut, dass es dumm war. Dass da nichts war. Und dennoch... Dennoch hatte sie plötzlich das Gefühl, von oben bis unten besudelt zu sein. Nicht nur äußerlich, sondern allen voran innerlich.

Während den Kriegswirren und in den Wochen danach, waren diese Empfindungen irgendwie untergegangen und scheinbar begraben worden. Das jedoch nicht tief genug. Diese Wunden waren noch da. Und das viel zu schmerzlich. Sie waren lediglich betäubt aufgrund all der Vorkommnisse.

Da war erst die Sorge um ihre Jungs, als sie sicher in Arizona war. Dann die Schlacht an sich, die Sache mit Draco, als sie selbst noch im Mungos gelegen hatte. Anschließend seine Verhandlung und nun die Ungewissheit des Wartens.

Letzteres schien inzwischen nicht mehr genug Ablenkung für ihren Geist zu sein, sodass diese Dämonen aufs Neue aus den Untiefen ihres Geistes emporstiegen. Sie erhoben sich aus dem kalten Grab, in welches sie diese Erinnerungen und Gefühle verzweifelt versucht hatte zu verbannen. Jetzt krochen sie wieder hervor wie Untote, um sie erneut zu quälen.

Am Ende schrubbte sie sich den Körper restlos wund, mit dem lausigen Ergebnis, dass ihr dadurch nur noch mehr weh tat, während dieses abscheuliche Gefühl, von unten bis oben befleckt zu sein, blieb.

Als sie irgendwann völlig erschöpft aus der Dusche trat, wurde es draußen bereits hell, was sie nur am Rande registrierte. Sie warf sich einen der flauschigen Bademäntel über und schlurfte ausgebrannt durch den Flur, bevor sie in ihrem Zimmer verschwand und sich fertig aufs Bett fallen ließ. Kurze Zeit später fiel sie in einen unruhigen Schlaf, der die alten Dämonen noch lebendiger machte, als sie es ohnehin schon waren.

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Am Nachmittag tauchte Ginny unverhofft bei Hermione auf. Als sie die Rothaarige sah, bereute sie bereits, die Tür geöffnet zu haben, denn Ginny schnappte verschreckt nach Luft.

„Schlecht geschlafen", warf Hermione knapp ein, noch bevor Ginny fragen konnte. Der Rotfuchs schüttelte mit dem Kopf, trat näher und musterte Hermione eingehend.

„Süße, das ... du -" „Lass gut sein", murmelte Hermione brüchig und verschwand ins Wohnzimmer. Ginny folgte ihr mit einem furchtbar besorgten Blick und nahm neben der Älteren auf der Couch Platz.

„Wir haben mitbekommen, dass du dich mit Ron gestritten hast und... Merlin, nimm dir das nicht so an. Du weißt, er kann ein riesen Idiot sein. Und... Ich will das jetzt nicht rechtfertigen, aber er hatte schon ordentlich einen im Kessel, da -" „Das ist es nicht", unterbrach Hermione sie matt und starrte ausdruckslos aus dem Fenster. Ginny runzelte die Stirn.

Was im Verborgenen liegt (1/?)Where stories live. Discover now