138. Kalte Erinnerungen (1/2)

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138. Kalte Erinnerungen

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Nach Ginnys miesem Seitenhieb hielt Hermione es für den Moment nicht mehr unter ihren Freunden aus. Sie brauchte einfach Ruhe. Abstand, denn der Stachel, den Ginny ihr da mit voller Absicht tief ins Fleisch gerammt hatte, tat höllisch weh.

Der Rotfuchs konnte oder wollte anscheinend nicht verstehen, dass sie nicht der Typ zum fröhlichen herumexperimentieren war, was Kerle anbelangte. Manche würden es als prüde bezeichnen, doch das war es nicht.

Gut. Nach den Dingen, die sie durchlebt hatte, scheute sie sich innerlich vielleicht doch etwas mehr vor dem näheren Kontakt mit Männern. Denn was die meisten von ihnen wollten, war leider ein offenes Geheimnis.

Doch was sie wirklich daran hinderte, sich wahllos mit jemandem zu verabreden, war schlichtweg das fehlende Gefühl. Sie fand es nicht fair, jemandem, der sich mehr erhoffte und mehr empfand, mit falschen oder halbherzigen Gefühlen zu begegnen, um ihn am Ende zu verletzen, wenn man selbst genug von dieser Verbindung hatte oder sich einem etwas Besseres bot.

Hermione wollte schließlich auch nicht nur so etwas wie eine Art netter Zeitvertreib sein, um dann wie ein benutztes Taschentuch weggeworfen oder ausgetauscht zu werden. Vielleicht sah sie das im Augenblick auch etwas zu melodramatisch, dennoch war es so.

Sie wollte nicht nur eine Hälfte einer Sache sein, sondern wenn, dann alles. Und alles wollte sie umgekehrt auch von sich geben. Das war es, was Ginny anscheinend nicht verstand. Davon abgesehen hatte die Rothaarige ohnehin gut reden, immerhin hatte sie letztlich das bekommen was sie wollte. Erst Harry und jetzt Blaise. Ihre beiden Wunschmänner waren stets irgendwie um sie gewesen. Sichtbar. Hörbar. Greifbar, während ihrer...

Hermione seufzte. Ihre Gedanken waren ihr keine Hilfe, sondern machten es nur noch schlimmer. Erst recht, als sie Draco sah, der offensichtlich seinen Frust ertränken wollte, denn neben der neuen, noch relativ vollen Whiskyflasche, stand eine leere.

Sie hoffte inständig, dass er die nicht allein geleert hatte, obwohl es so aussah. Zwar steckte er ordentlich was weg, aber mit seiner Gehirnerschütterung und vor allem dem kleinen Magieproblem, da... Das würde nicht gut gehen, weswegen sie zu ihm trat und ihre Hand behutsam auf seine legte. Als Draco die Geste spürte, rollte er mit den Augen.

Merlin, ist es wirklich zu viel verlangt, sich betrinken zu wollen?

Als er jedoch sah, wer bei ihm war, verklärte sich sein Blick und wurde leer, was auch auf sein Glas zutraf, das er kurzerhand in die andere Hand schob.

„Draco", mahnte Hermione ihn sanft, doch er machte das Glas nur aufs Neue voll.

„Hör auf. Das bringt doch nichts", sprach sie ihm ruhig zu, worauf er kurz freudlos lächelte.

„Für eine Nacht schon", murmelte er dünn und schaute leicht apathisch auf den Whisky. Hermione sah ihn auf seine Worte unsicher an.

„Was meinst du?", fragte sie, obwohl sie eine ziemlich genaue Ahnung hatte. Eine, die Draco ihr teils bestätigte.

„Ich muss sie nicht sehen. Ihre Gesichter. Ihre Augen. Ihren Schmerz", erklärte er matt und nippte an dem Glas. Hermione verwirrten seine Worte jedoch, da er in der Mehrzahl gesprochen hatte. Sie wusste, dass seine Albträume teilweise auch ihr Wesen umfassten. Aber sie war und blieb nun mal eine Einzelperson.

„Was ... was meinst du? Die Death Eater?", fragte sie vorsichtig, worauf er das Gesicht verzog und das Glas erneut in einem Zug leerte. In der nächsten Sekunde knallte er es lautstark auf den Tresen, sodass Hermione unter dem Laut zusammenzuckte.

Was im Verborgenen liegt (1/?)Where stories live. Discover now