011. Verloren

4.6K 322 32
                                    


Verloren

۩ ۞ ۩

Mit Tränen in den Augen blinzelte sie schwach, wie auch restlos erschöpft, als sich das Dunkel der kalten Märznacht stückchenweise in ein schummrig, schmutziges Grau verwandelte.

„Ben?", flüsterte Hermione traurig, halb in ihrem Tran suchend. Doch er war nicht hier, genauso wenig wie sonst jemand, der Gefühle für sie hegte. Sie hatte ihn, bis auf diesen einen Abend, nie wieder gesehen und würde es nun auch nie mehr. Sie würde aus dieser Hölle nicht lebend herauskommen, dessen war sie sich sicher.

Schließlich blinzelte sie noch einmal mit den schmerzenden Augen, auf der Suche nach... Ja was? Sie war allein. Wieder. Allein in diesem Kerker, in Malfoy Manor, ohne die geringste Chance auf Erlösung geschweige denn, dass sie einen ihrer Freunde wieder sah. Im positiven Sinne, denn sie wollte nicht, dass sie genauso in Gefangenschaft gerieten, denn damit wäre alles aus.

Mit diesem Gedanken im Kopf, rollte sie sich etwas mehr mit der dreckigen Decke zusammen, um die wenige Wärme, die sie zurückhielt, gänzlich an ihren schmerzenden Körper zu binden. Sie schloss die Augen und dachte an das, was vor knapp 1½ Jahren seinen Anfang genommen hatte. Ihre Hand schloss sich dabei um den kleinen Anhänger, der ihr als Einziges von ihm und der damit vergangenen Sicherheit geblieben war.

Sie dachte an die ganzen Briefe, die sie geschrieben hatte. An den einen Abend, den sie mit ihm gehabt hatte. An den Kuss, den sie sich erobert hatte, aber auch den Zweiten, den er ihr gegeben hatte. Sie dachte an die Rose, die er ihr geschickt hatte. An den Zauber, der auf ihr lag und ihr verriet, wann er an sie dachte. Der ihr seine Gefühle für sie offenbarte.

Sie hatte, wie sollte es anders sein, nach diesem Spruch gesucht, um ihn richtig verstehen zu können und am Ende tatsächlich einen solchen gefunden. Er hatte auch da nicht gelogen, sondern ihr stattdessen einen tiefen Einblick in sein Innerstes gestattet. Seine Gefühle für sie, die, nahm sie sich die Rose, eine tiefe Zuneigung und so wohl auch Liebe widerspiegelten.

Sie hatte sich die Blume immer wieder fasziniert besehen, gerade am Morgen, da sie meist sehr früh wach geworden war. Die Knospe war bis 6:30 Uhr jedoch verschlossen gewesen, was nur heißen konnte, dass er schlief. Spätestens viertel nach Sieben hatte sie sich aber fast immer geöffnet, was ihr ihr ein Zeichen dafür war, dass er scheinbar wach wurde und nicht selten, als Erstes an sie dachte. Sie fand das faszinierend.

Und obwohl sie sich, nachdem Ron durch den vergifteten Met fast gestorben wäre, wieder mit ihm vertragen hatte, ließ Ben sie nicht los. Die Tatsache, dass dieser junge Mann sie ganz offensichtlich liebte und sehr, sehr viel an sie dachte. Auch nachts. Sie hatte es oft beobachten können, wenn sie bis spät abends noch gelesen oder recherchiert hatte. Die Rose hatte häufig bis 1:00 Uhr nachts geblüht, bevor ihn dann wahrscheinlich doch der Schlaf übermannt hatte.

Auch hatte sie bis kurz vor Ende des Sechsten noch regen Briefkontakt mit ihm gehabt. Mit der Zeit hatte sich die Menge der Briefe allerdings begonnen zu dezimieren. Auch waren sie immer kürzer geworden.

Es war weniger der Gedanke, dass er plötzlich kein Interesse mehr an ihr hatte, sondern eher, dass es an den Dingen lag, die um sie herum geschahen. Das Dunkel um die Death Eater hatte sich von Monat zu Monat, ja von Woche zu Woche, immer drastischer ausgebreitet und damit noch dunklere Schatten über Großbritannien geworfen.

Vermutlich, so hatte sie sich gedacht, war es für ihn immer riskanter geworden, sich bei ihr zu melden. Zu gefährlich, was sie dann auch ständig aufs Neue in seinen Briefen zwischen den Zeilen gelesen hatte. Eine stille Warnung, noch dazu dieser eine Satz, den er von Anfang an unter fast jeden Brief gesetzt hatte. - Bitte pass auf dich auf. -

Was im Verborgenen liegt (1/?)Where stories live. Discover now