082. Halt mich (1/2)

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Halt mich

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Warme, rehbraune Augen waren das Erste, was sich hinter dem blendenden Weiß zeigte. Groß und unbeschreiblich sorgenvoll, was sich weiter mehrte, als sie von einem feuchten Schimmer durchzogen worden. Dieser wuchs rasch an und suchte sich schließlich in Form von Tränen einen Weg ins Freie.

Diese kullerten über ein paar blasse Wangen, vorbei an ein paar rosigen Lippen, die sich bewegten. Sprachen, doch kam kein Laut in Dracos Kopf an, der noch immer von einem dumpfen Pfeifen heimgesucht wurde und sämtliche Gedanken lähmte. Bis auf einen. Seinen Wunschgedanken, der offensichtlich stark genug war, um irgendwie Erfüllung zu finden.

Diese wuchs noch mehr, als der schöne Engel seine Hände nach ihm ausstreckte, die sich sanft auf seine zerschundenen Wangen legten. Warm, geschmeidig, tröstend.

Ihre weichen Finger glitten behutsam über die blutigen Kratzer, während ihre Lippen neue Worte formten, die schwach und dumpf in seinem Kopf ankamen. Es war sein Name, gesprochen in Unsicherheit, Sorge sowie einer seltsamen Angst. Er wollte dem Engel daraufhin antworten, deren Gesicht sich schmerzlich verzog.

Tat er ihr irgendwie weh? Hatte er sie verletzt? Nichts lag ihm ferner. Wirklich darüber nachdenken konnte er allerdings nicht, da sie ihn in einem schnellen Ruck zu sich zog, sodass er haltlos gegen sie fiel.

Ihre Arme schlangen sich fest um seinen Oberkörper, ehe eine ihrer Hände in seinem Schopf verschwand. Die dazugehörigen schlanken Finger krallten sich kurz in diesen, bevor sie ungestüm, aber dennoch furchtbar beruhigend durch die schmutzigen, strähnig gewordenen Haare strichen. Ihre Lippen ruhten wenig später an seinem Ohr, wodurch ihr warmer, süßer Atem ihn beinahe zärtlich streichelte.

„Draco? Es ist alles gut. Hörst du? Es ist vorbei. Wir nehmen dich mit nach Hause", hauchte sein Engel, worauf ihm ein neuerliches Zucken durch den zitternden Körper ging, als sich sein Hirn vermehrt einschaltete und die dumpfe Schwere, die auf ihm lastete, langsam vertrieb.

Ohne, dass er sich seiner Regungen bewusst war, ebenso der Tatsache, dass er es mit einem Mal konnte, schlangen sich seine Arme um ihre zierliche Gestalt. Er zog sie mit aller Kraft zu sich und hielt sie fest umschlungen, mit dem Willen, sie nie mehr freizugeben.

„Sch. Es ist alles gut", hauchte sie ihm erneut zu, neigte den Kopf leicht zur Seite und legte ihre Lippen in einem zärtlichen Kuss auf seine Wange. Diese kleine Geste holte ihn endgültig aus seiner Lethargie, denn er begann ihr hemmungslos in die Schulter zu schluchzen.

„Sch", hörte er sie beruhigend, während sie ihm mit einer Hand tröstend durch die Haare strich. Mit der anderen rieb sie ihm behutsam über den schmerzenden Rücken und wiegte ihn sanft. Die Lippen weiter an seinem Ohr.

„Es ist vorbei. Sie werden dir nichts mehr tun. Du bist frei."

Frei? Hatte er sich gerade verhört? Halluzinierte er? Er hatte doch seine Hinrichtung unterschrieben. Oder nicht? War das irgendein noch krankerer Scherz?

„Draco?", vernahm er unter seinen Tränen noch eine Stimme, an die er zuvor keinen Gedanken verschwendet hatte. Sich dieser zuzuwenden wagte er jedoch nicht. Zum einen hätte er sich dann von dem wunderschönen Engel, der verdammt nochmal in einer völligen Perfektion Hermione Granger glich, lösen müssen. Zum anderen wollte er diese Illusion, sollte es eine sein, nicht damit zerstören, dass er am Ende doch ein anderes Gesicht sah, als das, was er vermutete.

„Ich glaube, er hat einen Schock oder so", meinte er erneut eine Stimme zu hören, die gefährlich nach seiner frechen Cousine klang. Er zuckte wieder stark zusammen, während sein Körper weiter von unkontrollierten Krämpfen gebeutelt wurde.

Was im Verborgenen liegt (1/?)Where stories live. Discover now